Ist die Frage nicht eher, müssen wir das Lernen überhaupt lernen? Kann das nicht eigentlich jeder von uns?
Der eine sagt so, die andere so.
Für mich ist Lernen zum Bestandteil meines Daseins geworden. Ich weiß, dass mein ganzer Alltag voll damit ist.
Für viele ist Lernen mit dem Wort „müssen“ verbunden. Und ja, oft müssen wir Dinge tun, bei denen uns der Sinn einfach verschlossen bleibt. Und wir Erwachsene haben es an der Stelle auch oft viel leichter als unsere Kinder: Wir können meistens entscheiden, was wir lernen möchten. Aber in der Schule ist das Mitspracherecht da arg begrenzt. Zum einen vielleicht doof, zum anderen aber vielleicht gut?
Stell dir doch einmal vor, du kannst immer nur das tun, wofür du dich interessiert. Toll, oder? Aber wie schnell wird das vielleicht langweilig?
Du würdest nie an deine Grenzen gehen. Du würdest nichts Neues lernen.
Und genau das ist Lernen: Raus aus der Komfortzone, Augen und Ohren auf, Neugierde an und los.
Und feststellen, dass etwas schwer oder doof ist, das ist Lernen.
Wir alle können das!
Viele Eltern kommen mit der Bitte zu mir, dass ich ihrem Kind beibringe, wie das mit dem Lernen so geht. Das Schöne daran ist, und das soll allen Gewissheit geben, ich muss das keinem beibringen. Wir alle können das.
Nur liegen uns mehr oder weniger große Steine im Weg. Und oft sehen diese dann so bedrohlich aus, dass ich gar nicht daran vorbeikomme. Jetzt stehe ich vor diesem Ungetüm von Stein, ich bin frustriert, genervt und alles in mir sträubt sich. Auf einmal fliegt ein kleiner, wunderschöner Schmetterling mit roten Flügeln an meiner Nase vorbei. Ich bin ganz still und beobachte ihn ganz genau. Von jeder Seite.
Und genau um diese Schmetterlinge geht es. Sie schützen uns. Wir sind nicht faul, wie es erscheinen mag, wenn wir uns anderen Dingen widmen. Wir sind schlau. Denn es ist eine ganz normale Reaktion: Dinge, die in uns Unbehagen auslösen, denen gehen wir aus dem Weg.
Was mache ich nun aber, wenn der Schmetterling meine Aufmerksamkeit auf sich zieht? Der große Stein ist übrigens immer noch da. Ich sage dem Schmetterling „Hallo“, ich genieße ihn, und dann hole ich die Lupe raus, mein kleines Hämmerlein und gehe dem Stein auf die Spur. Stück für Stück gehe ich näher heran. Ich schaue links, schaue rechts und stelle fest, dass der ganz schön stark ist und an manchen Stellen in den tollsten Farben schimmert. Ich fassen ihn an. Er ist ganz warm von der Sonne. Am Ende stehe ich vor ihm und er ist gar nicht mehr so unheimlich.
Und diesen Stein steckst du jetzt ein. Er soll dich jedes Mal erinnern, wenn etwas vor dir liegt, was nicht zu bewältigen scheint.
Fotocredit: © Radim Štrobl